Ghost Town Secret
Es ist nicht das erste Mal, dass ich mit einer Waffe bedroht werde, und es geschieht auch nicht zum ersten Mal mit einem Messer. Aber von einer adrett gekleideten Dame im Rentenalter mit weißen, ordentlich frisierten Löckchen habe ich das bisher nicht erlebt.
»Äh«, krächze ich irritiert.
»Raus hier«, sagt sie tonlos.
»Aber …«
»Ich bin vielleicht alt, aber ich bin kein Opfer. Was auch immer du hier suchst, du wirst es nicht bekommen. Also raus.«
»Ich wollte doch nicht …«
»Ich gebe auch keine Interviews. Wenn du Fotos machst, benutze ich das hier.« Sie fuchtelt mit dem Messer durch die Luft. Es sieht trotz des absurden Eindrucks bedrohlich aus, denn es ist eines der größten, die eine Küche zu bieten hat.
Langsam schiebe ich mich vom Hocker und in Richtung Tür, das Messer ununterbrochen fest im Blick. Erst die beklemmende Atmosphäre des ausgestorbenen Dorfes und der unheimliche, alte Mann, der aus der Irrenanstalt ausgebrochen sein könnte und mich davonjagen wollte. Jetzt die Kneipenbesitzerin, die mich nicht erwartet und stattdessen bedroht. Wo bin ich bloß gelandet? Hat meine alte Freundin mich in den verkehrten Ort geschickt? Habe ich irgendetwas falsch verstanden?
»Ich dachte, Frau Erdmann hätte mich angekündigt«, sage ich verzweifelt. »Aber wenn Sie gar keine Hilfe wünschen, ist das selbstverständlich in Ordnung. Ich will mich nicht aufdrängen.«
»Constanze hat dich angekündigt?«
»Ja, ich bin Bebe Kovacek. Weil ich doch bei der Polizei …«
»Nee, Mädchen, da stimmt was nicht. Bebe Kovacek ist ein heißer Feger mit dem kürzesten Minirock und dem gewagtesten Dekolleté, das man sich denken kann. Ihre Beine sind eine Waffe, mit ihren Brüsten hypnotisiert sie jeden Mann und mit ihren künstlichen Wimpern erdolcht sie ihn im Anschluss.«
Ich schlage mir eine Hand vor den Mund und beginne, haltlos zu kichern.
So hat Frau Erdmann mich beschrieben?
Ein abbruchreifes Dorf im Nirgendwo
Eine sture, alte Dame
Geheimnisse, die besser verborgen bleiben
Nachdem sie zwei Morde und eine Entführung aufgeklärt hat, eilt Bebe der Ruf einer genialen Privatermittlerin voraus. Doch wie soll sie in einem menschenleeren Dorf ein Verbrechen aufklären, wenn es dort gar keines gibt?
Elfie, die ehemalige Kneipenwirtin, nutzt mit Begeisterung die letzte Gelegenheit, einen Gast zu umsorgen, will aber nichts von den Nachforschungen wissen und behauptet hartnäckig, dass alles in bester Ordnung sei.
Aber das ist es nicht, denn schon an ihrem zweiten Tag wird Bebe mit dem Tod bedroht.
Als ob ein anonymer Brief, eine Leiche und jede Menge pikanter Dorfgeheimnisse nicht genug wären, reisen darüber hinaus Bebes beste Freunde Lara und Kevin an, die ihre erste Beziehungskrise im Gepäck haben und Bebe endgültig verzweifeln lassen.
Und Tim – ist wie vom Erdboden verschluckt.
Der dritte Fall mit Blossom Blue
Kann man mit diesem Band starten?
Die Personen sind es nicht.
Wird es weitere Bände geben?
Aber mehr darf ich nicht verraten, denn Spoiler mag ich gar nicht!
Bebe
Außerdem fehlt mir Tim.
Er fehlt mir so unerträglich.
Es ist nicht nur die Ungewissheit, die mich quält, es ist auch seine bloße Abwesenheit, die mir zu schaffen macht.
So wollte ich nie werden. So abhängig von einem Mann, dass ich ihn vermissen könnte. Dass mein Herz schmerzt und meine Gedanken ununterbrochen um diesen Menschen kreisen. Dass ich mich unvollständig ohne ihn fühle.
Tim
Mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit und Panik betrachte ich, was sich auf der Straße unter mir abspielt. Ich habe Bebe sechs Tage aus den Augen gelassen. Sechs Tage! Das ist nicht allzu lang, nicht, wenn man bedenkt, dass es sich bei Bebe um eine erwachsene Frau handelt. Man sollte also davon ausgehen können, dass sie auf sich aufpassen kann.
Wie also in Gottes Namen hat sie es innerhalb dieser wenigen Tage geschafft, sich in eine Situation zu manövrieren, in der eine Waffe auf sie gerichtet wird?